Incoterms 2024: Übersicht und Bedeutung einfach erklärt

Martin Jezy09 August 20249 min

Im internationalen Handel sind klare Regeln und Normen von entscheidender Bedeutung. Hier kommen die Incoterms ins Spiel: Das sind standardisierte Begriffe, welche die Verantwortlichkeiten, Vorschriften und Risiken bei internationalen Handelsgeschäften klar definieren. 

In diesem Artikel erfährst du einfach erklärt, was Incoterms sind, mitsamt einer großen Übersicht aller Begriffe, was sie bedeuten und welche Vorteile sie bieten. Außerdem erfährst du anhand praktischer Beispiele, welche die richtigen Incoterms für dein Geschäft sind. Legen wir los!

Was sind Incoterms? Ihre Bedeutung einfach erklärt:

Incoterms, eine Abkürzung für "International Commercial Terms", auf Deutsch “Internationale Handelsbedingungen”, sind weltweit anerkannte Regeln, die Verpflichtungen von Käufern und Verkäufern im internationalen Warenhandel definieren. Mit ihnen wird geklärt, wer für was verantwortlich ist. Vor allem für:

  • Zeitpunkt und Ort der Lieferung, 
  • Risiken und Versicherungen, 
  • Kosten und 
  • Zollabfertigung.

Die Incoterms wurden 1936 von der Internationalen Handelskammer (ICC) eingeführt und sind seitdem ein wesentlicher Bestandteil des internationalen Handels. Die genauen Regeln werden meist alle 10 Jahre aktualisiert und sind von Importeuren, Exporteuren, Spediteuren und Frachtführern weltweit anerkannt.

Laut der deutschen ICC, bieten die Incoterms “… einen global gültigen Standard für die Lieferbedingungen bei internationalen Geschäften.”

  • Die neueste Definition der Incoterms stammt aus dem Jahr 2020.
  • Laut der ICC kommen in 90% aller Kaufverträge weltweit Incoterms zum Einsatz.
     

Im Grunde regeln und vereinfachen Incoterms gängige Fragen wie:

  • Wann geht die Ware vom Verkäufer auf den Käufer über? 
  • Wer trägt welche Transportkosten? 
  • Wer und ab wann übernimmt eine Partei die Haftung für Verlust und Beschädigung der Ware, sowie die Versicherungskosten?

Einteilung und Gruppen von Incoterms

Es gibt 4 Gruppen von Incoterms, die jeweils für alle Transportmittel, oder nur für den Seetransport gelten:

  • E-Klausel EXW (Ex Works), auch "Abholklausel" genannt: 

EXW ist die richtige Wahl, wenn der Käufer alle Kosten und Risiken des Transports ab dem Werk des Verkäufers übernehmen soll. Der Käufer zahlt ab diesem Punkt alles, und die Verantwortung geht auf ihn über, sobald die Ware beim Verkäufer abholbereit ist.

  • F-Klauseln, auch “Absendeklausel ohne Kostenübernahme des Verkäufers”: 

F-Klauseln sind dafür gut, wenn der Käufer nur die Kosten und Risiken des Haupttransports übernehmen möchte. "Frei" bedeutet hier, dass der Käufer ab einem bestimmten Punkt für die Kosten aufkommt, während der Verkäufer bis zu diesem Punkt das Risiko und die Kosten trägt.

  • C-Klauseln, auch “Absendeklausel mit Kostenübernahme des Verkäufers”: 

C-Incoterms werden meistens gewählt, wenn der Verkäufer die Transportkosten bis zum Zielort übernimmt. Der Verkäufer zahlt für den Transport bis zu einem bestimmten Ort, aber das Risiko geht auf den Käufer über, sobald die Ware an den ersten Frachtführer übergeben wird.

  • D-Klauseln, auch “Ankunftsklausel” genannt: 

Diese sind dann sinnvoll, wenn der Verkäufer die Transportkosten bis zum Zielort trägt. Die Verantwortung und das Risiko gehen auf den Käufer über, sobald die Ware am Zielort angekommen und bereitgestellt ist.

Übersicht und Liste aller Incoterms 2024, inkl. Definition und praktischen Beispielen

  • EXW (Ex Works)

Der Verkäufer stellt die Ware auf seinem Gelände oder einem anderen benannten Ort (z.B. Werk, Fabrik, Lager) zur Verfügung. Der Käufer trägt ab diesem Punkt alle Kosten und Risiken. 

Beispiel: Ein deutscher Maschinenbauer verkauft eine Maschine an ein Unternehmen in Japan. Die Maschine wird im Werk des Verkäufers in München bereitgestellt. Der japanische Käufer muss die Maschine abholen und für den Transport bis zu seinem Standort sorgen, einschließlich aller Transport-, Versicherungs- und Zollkosten.

  • FCA (Free Carrier)

Der Verkäufer liefert die Ware an einen vom Käufer benannten Frachtführer oder an einen anderen benannten Ort. Der Verkäufer ist verantwortlich für die Zollabfertigung der Ware zur Ausfuhr. 

Beispiel: Ein französischer Weinproduzent liefert Wein an einen US-amerikanischen Händler. Der Wein wird an einen vom Händler benannten Spediteur in Bordeaux übergeben. Der Weinproduzent übernimmt die Kosten und Risiken bis zur Übergabe an den Spediteur, der Rest liegt in der Verantwortung des Händlers.

  • CPT (Carriage Paid To)

Der Verkäufer zahlt die Frachtkosten bis zum benannten Bestimmungsort. Das Risiko geht jedoch auf den Käufer über, sobald die Ware dem ersten Frachtführer übergeben wurde. 

Beispiel: Ein Elektronikhersteller in China verkauft Tablets an einen Händler in Australien. Der Hersteller bezahlt die Transportkosten bis zum Hafen in Sydney. Das Risiko für Verlust oder Beschädigung der Ware geht jedoch bereits im Hafen von Shanghai auf den Käufer über.

  • CIP (Carriage and Insurance Paid To)

Wie CPT, jedoch mit der zusätzlichen Verpflichtung des Verkäufers, eine Mindestversicherung gegen Verlust oder Beschädigung der Ware während des Transports abzuschließen. 

Beispiel: Ein Möbelhersteller in Italien verkauft eine Lieferung von Stühlen an einen Kunden in Kanada. Der Hersteller bezahlt die Fracht- und Versicherungskosten bis zum Bestimmungsort in Toronto. Das Risiko geht auf den Käufer über, sobald die Ware dem ersten Frachtführer übergeben wurde, aber der Verkäufer sorgt für eine Versicherung gegen mögliche Schäden.

  • DAP (Delivered at Place)

Der Verkäufer liefert die Ware an einen benannten Ort, ohne Entladung. Der Verkäufer trägt alle Kosten und Risiken bis zu diesem Punkt. 

Beispiel: Ein Maschinenbauunternehmen in Deutschland verkauft eine Anlage an einen Kunden in Brasilien. Die Anlage wird bis zum Werk des Kunden in São Paulo geliefert. Der deutsche Verkäufer übernimmt alle Transportkosten und Risiken bis zur Ankunft der Anlage im Werk des brasilianischen Kunden.

  • DPU (Delivered at Place Unloaded)

Der Verkäufer übernimmt die Kosten und Risiken bis zur Entladung am benannten Ort. Dies ist die einzige Klausel, bei der der Verkäufer auch für die Entladung verantwortlich ist. 

Beispiel: Ein spanischer Möbelhersteller liefert eine große Bestellung an einen Möbelhändler in London. Die Ware wird bis zum Lager des Händlers in London transportiert und entladen. Der spanische Hersteller trägt alle Kosten und Risiken bis zur Entladung der Ware im Lager des Händlers.

  • DDP (Delivered Duty Paid)

Der Verkäufer trägt alle Kosten und Risiken bis zur Lieferung am benannten Ort inklusive Zollabfertigung. Der Käufer muss nur noch die Ware annehmen. 

Beispiel: Ein Elektronikhersteller in Südkorea verkauft Fernseher an einen Händler in Deutschland. Der Hersteller übernimmt alle Kosten und Risiken bis zur Lieferung der Fernseher ins Lager des Händlers in Berlin, einschließlich der Zahlung aller Zölle und Steuern.
 

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Regeln nur für den See- und Binnenschifftransport:

  • FAS (Free Alongside Ship)

Der Verkäufer liefert die Ware längsseits des Schiffes im Verschiffungshafen. Ab diesem Punkt trägt der Käufer alle Kosten und Risiken. 

Beispiel: Ein kanadischer Holzlieferant verkauft Holz an einen Kunden in Spanien. Das Holz wird am Hafen von Vancouver längsseits des Schiffs bereitgestellt. Der spanische Käufer übernimmt ab diesem Punkt die Kosten und Risiken des Transports.

  • FOB (Free On Board)

Der Verkäufer lädt die Ware auf das vom Käufer benannte Schiff im Verschiffungshafen. Das Risiko geht auf den Käufer über, sobald die Ware an Bord des Schiffes ist. 

Beispiel: Ein brasilianischer Kaffeelieferant verkauft eine große Menge Kaffee an einen Händler in den USA. Der Kaffee wird im Hafen von Santos auf das Schiff geladen, das der US-Händler benannt hat. Ab diesem Zeitpunkt übernimmt der Händler alle Risiken und Kosten.

  • CFR (Cost and Freight)

Der Verkäufer trägt die Kosten und Fracht bis zum Bestimmungshafen. Das Risiko geht jedoch auf den Käufer über, sobald die Ware an Bord des Schiffes ist. 

Beispiel: Ein indischer Textilhersteller verkauft Stoffe an einen Käufer in Großbritannien. Der Hersteller bezahlt die Transportkosten bis zum Hafen von Liverpool. Das Risiko für die Ware geht jedoch bereits im Hafen von Mumbai auf den britischen Käufer über.

  • CIF (Cost, Insurance and Freight)

Wie CFR, jedoch mit der zusätzlichen Verpflichtung des Verkäufers, eine Versicherung abzuschließen. Der Verkäufer trägt die Kosten, Fracht und Versicherung bis zum Bestimmungshafen. 

Beispiel: Ein japanischer Autohersteller verkauft Autos an einen Händler in Südafrika. Der Autohersteller bezahlt die Transport- und Versicherungskosten bis zum Hafen von Kapstadt. Das Risiko geht jedoch auf den Käufer über, sobald die Autos an Bord des Schiffes sind, aber der Verkäufer sorgt für eine Versicherung gegen mögliche Schäden.

Wie werden Incoterms angewendet, und was regeln sie nicht?

Der internationale Handel ist ein kompliziertes Geflecht aus Vorschriften, Verantwortlichkeiten und Abkommen. Einer der Schlüssel, die diese Komplexität vereinfachen sollen, sind die Incoterms. Diese standardisierten Vertragsklauseln spielen eine entscheidende Rolle bei der Festlegung der Pflichten von Käufern und Verkäufern im globalen Handel. Sie bieten klare Richtlinien, die Missverständnisse reduzieren und den Handel effizienter gestalten.

Im Grunde legen Incoterms fest, wer sich um folgende Punkte kümmert:

  • Warendokumente: Wer ist dafür verantwortlich, die benötigten Warendokumente zu besorgen? Wer übernimmt die Kosten für diese Dokumente?
  • Transportdokumente: Wer muss die erforderlichen Transportdokumente beschaffen? Wer trägt die Kosten für die Erstellung dieser Dokumente?
  • Versicherung: Wer ist dafür zuständig, die Ware während der verschiedenen Transportphasen zu versichern? Wer übernimmt die Versicherungskosten?
  • Information: Wer ist dafür verantwortlich, die Handelspartner zu welchem Zeitpunkt mit welchen Informationen zu versorgen?
  • Warenprüfung: Wer führt die Prüfung der Ware durch? Wer übernimmt die Kosten für diese Prüfung?
  • Verpackung: Wie soll die Ware verpackt werden? Wer übernimmt die Kosten für den Verpackungsprozess und die Verpackungsmaterialien?
     

Folgendes wird NICHT von Incoterms explizit geregelt und sollte daher vertraglich immer separat definiert werden:

  • Zahlungsbedingungen: Wer legt die Bedingungen für die Zahlung fest, und wo wird der Gerichtsstand bei rechtlichen Auseinandersetzungen bestimmt?
  • Eigentumsübergang (Achtung - nicht gleichzusetzen mit Besitzübergang!): Wann geht das Eigentum an der Ware auf den Käufer über, und wie unterscheidet sich dies vom Zeitpunkt des Besitzübergangs?
  • Verstöße gegen Incoterms: Was passiert, wenn eine Partei gegen ihre Verpflichtungen gemäß den Incoterms verstößt?
  • Haftung: Welche Haftungsausschlüsse gelten für beide Parteien unter den Incoterms?
  • Ersatzlieferung: Wer ist verantwortlich für Ersatzlieferungen, wenn die ursprüngliche Lieferung beschädigt oder verloren geht?
     

Incoterms sind ein unverzichtbares Werkzeug im internationalen Handel. Sie bieten eine klare und präzise Grundlage für die Abwicklung grenzüberschreitender Geschäfte und tragen zur Reduzierung von Risiken und Missverständnissen bei. Indem sie die Pflichten und Verantwortlichkeiten von Käufern und Verkäufern eindeutig festlegen, fördern sie einen reibungslosen und effizienten Handelsablauf.

Auswahl der richtigen Incoterms, inkl. praktischen Beispielen

Die Wahl des passenden Incoterms ist für dein Unternehmen entscheidend, um den internationalen Handel effizient und risikominimiert zu gestalten. 

Hier sind einige Schlüsselaspekte und Vorteile, die du bei der Auswahl und Nutzung der Incoterms beachten solltest:

Analyse der Bedürfnisse:

  • Art der Ware: Überlege, ob die Ware empfindlich, teuer oder leicht verderblich ist. Beispiel: Frische Lebensmittel benötigen schnelle und sichere Transportbedingungen.
  • Transportweg: Bestimme, ob der Transport per Schiff, Flugzeug, Lkw oder Bahn erfolgt. Beispiel: Schweres Frachtgut wird oft per Schiff transportiert, während Eilwaren per Flugzeug versendet werden.

Kosten- und Risikoverteilung:

  • Kostenaufteilung: Entscheide, welcher Partner welche Transport- und Versicherungskosten trägt. Beispiel: Der Verkäufer könnte die Kosten bis zum Hafen tragen, der Käufer übernimmt ab dort.
  • Risikoübernahme: Kläre, ab welchem Punkt das Risiko vom Verkäufer auf den Käufer übergeht. Beispiel: Bei EXW (Ab Werk) trägt der Käufer ab dem Werk des Verkäufers alle Risiken.

Verantwortlichkeiten:

  • Warendokumente: Festlegen, wer die erforderlichen Dokumente beschafft und bezahlt. Beispiel: Der Verkäufer stellt Exportdokumente bereit, der Käufer kümmert sich um Importpapiere.
  • Transportdokumente: Kläre, welche Partei welche Transportdokumente besorgt und die Kosten trägt. Beispiel: Der Verkäufer besorgt den Frachtbrief, der Käufer kümmert sich um den Frachtvertrag.
  • Versicherung: Entscheide, wer die Ware für welche Transportabschnitte versichert. Beispiel: Bei CIP versichert der Verkäufer die Ware bis zum Bestimmungsort.

Information und Kommunikation:

  • Verpackungsanforderungen: Lege fest, wie die Ware verpackt wird. Beispiel: Empfindliche Elektronik muss stoßfest verpackt sein.
  • Verpackungskosten: Bestimme, wer die Kosten für Verpackung und Verpackungsmaterial übernimmt. Beispiel: Der Verkäufer zahlt für die Verpackung, der Käufer für zusätzliche Schutzmaßnahmen.

Verpackung:

  • Verpackungsanforderungen: Lege fest, wie die Ware verpackt wird.
  • Verpackungskosten: Bestimme, wer die Kosten für Verpackung und Verpackungsmaterial übernimmt.

Rechtliche Aspekte:

  • Zahlungsbedingungen: Definiere die Zahlungsbedingungen und den Gerichtsstand für eventuelle Streitigkeiten. Beispiel: Zahlung erfolgt nach Lieferung, Gerichtsstand ist das Land des Verkäufers.
  • Eigentumsübergang: Unterscheide zwischen Besitz- und Eigentumsübergang der Ware. Beispiel: Eigentum geht bei Zahlung über, Besitz bei Lieferung.
     

Fazit: Die Vorteile von Incoterms

  • Internationale Anerkennung: Incoterms sind weltweit anerkannt und sorgen für einheitliche Handelspraktiken.
  • Standardisierung: Sie bieten klare und einheitliche Regeln, die Missverständnisse vermeiden.
  • Effizienzsteigerung: Durch klare Aufgabenverteilung wird der Handelsprozess schneller und reibungsloser.
  • Risikominimierung: Eindeutige Regelungen reduzieren das Risiko von Streitigkeiten.
  • Kostentransparenz: Unternehmen können die Kosten besser planen und kontrollieren.

Indem du den passenden Incoterm für dein Geschäft sorgfältig auswählst und anwendest, kannst du sicherstellen, dass deine internationalen Handelsgeschäfte reibungsloser, sicherer und kosteneffizienter ablaufen.

Quellen

ICC - iccgermany.de
UK Gov - "Choose which incoterms are right for you"
great.gov.uk

Bilder:
Unsplash
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